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(28.11.2022)

Zwar sind inzwischen acht Monate vergangen, aber meine Erinnerungen an den März 2022 sind geradezu eingebrannt!

Um es vorweg zu nehmen, inzwischen geht es mir wieder gut und die Arbeit rund um die 14 Busse, die ab Mai 2022 zu den Passionsspielen nach Oberammergau gereist sind, haben mich stark gefordert, aber auch „zurück in die Spur“ gebracht.

Die Eindrücke, die ich in den Tagen und vor allem in den Nächten an der polnisch-ukrainischen Grenze und auch in der Ukraine erleben musste, haben dennoch mein Weltbild und meine Lebenseinstellung nachhaltig verändert.

Das Wort „Demut“ hat nun eine Bedeutung bekommen.

Auch meine Erfahrungen mit den hiesigen Amts- und Würdenträgern meiner Heimatregion haben mir die Augen geöffnet und lassen mich bis heute sprachlos den Kopf schütteln.
Rückblickend beurteile ich die Dynamik der entstandenen Hilfe so:
Seit 2000 habe ich als Unternehmerin gelernt, selbst und ständig zu arbeiten und vor allem auch selbst und ständig zum Teil schnell, Entscheidungen zu treffen und dafür dann die Verantwortung zu übernehmen.

Dieses erlernte „Vermögen“ und das in meiner Rolle als Omnibusunternehmerin logischer Weise Vorhandensein von Omnibussen waren zwei Bedingungen, die mich schnell haben einsehen lassen, dass BEIDES zusammen, JETZT SCHNELL zum Einsatz kommen sollte:.
In den ersten Tagen nach dem Kriegssausbruch herrschten völlig unorganisierte Kriegswirren. „Der Westen“ war noch starr vor Schreck, die politische Einordnung der Ereignisse war vielfach verfehlt vor allem die falsche Einschätzung in Bezug auf die Dauer des Krieges und die Wucht der Flüchtlingswelle sorgten dafür, dass Hilfe von offiziellen Organisationen und Staaten mit für mich bis heute unverzeihlicher Verzögerung eingeleitet wurde.
Mit Hilfe meiner Busse hatte ich unmittelbar die Mittel, um die Frauen und Kinder in den ersten völlig chaotischen Kriegswochen aus der Kälte und Obdachlosigkeit ins zivilisierte Deutschland zu holen.
Und dies lange bevor strukturierte, abgesprochene und koordinierte Hilfe seitens der internationalen Behörden und Hilfsorganisationen geleistet werden konnte.
Es war Anfang März also folgerichtig und notwendig, dorthin zu fahren und dort Menschen aus menschenunwürdigen Bedingungen zu retten.
Dass meine Mission mit der dritten Fahrt, Ende März, ein so jähes Ende nahm, tut bis heute weh, weil ich mich den Spenderinnen und Spendern von 33.613,00 Euro sehr verPFLICHTET gefühlt habe und ich mich im Zwang sah, nicht aufzuhören und weiter zu tun, was ich begonnen hatte.
Dass es vor Ort dann keine Fliehenden mehr gab, die bereit waren, mit uns ins unbekannte Westfalen zu reisen, hatte ich in den letzten Tagen vor der dritten Fahrt tatsächlich „befürchtet“ und um so mehr wurmt es bis heute, dass ich mich auf die vollmundigen Aussagen eines NGO in Przemysl verlassen habe, der mir sein Wort gegeben hat, dass er am Abholtag mindestens 30 reisewillige Frauen und Kinder hat, die mit uns in den Kreis Warendorf kommen wollten.
Aus heutiger Sicht? Hm, die Auswirkungen eines solchen Krieges konnte er und niemand richtig einschätzen. Unvergessen daher die Bilder hunderter Ukrainer, die am späten Nachmittag des 26.03. am Grenzübergang Medyka mit Hab- und Gut wieder zurück in die Ukraine Richtung Lwiw gezogen waren, in der Annahme, sie könnten sich auf russische Aussagen verlassen, dass die Russen den Westen der Ukraine nicht angreifen würden. Unvergessen auch unsere tiefe Betroffenheit abends, als dann die Mitteilung über 6 Raketeneinschläge in Lwiw als Push-up-Meldung auf unseren Handys auftauchte.
Es ging uns allen durch Mark und Bein….
• Mit dem Aufbau eines Netzes von bereitwilligen Gastfamilien,
• mit den Spendenaufrufen und Annahmen für Sach- und Lebensmittelspenden,
• mit dem Planen der Touren und
• der anschließenden Erstbetreuung der aufnehmenden Gastfamilien
• mit einem ungeübten und doch dringend erforderlichen Umgang mit der Pressearbeit
haben meine Belegschaft und ich in kürzester Zeit eine wirklich unglaubliche Maschinerie aufgebaut und in Gang gesetzt.
Insgesamt haben wir 6 vollbepackte Omnibusse mit Hilfsgütern hingefahren und 196 Geflohene hierher evakuiert.
Und anders als bei Großprojekten wie Abschlussfahrten haben wir alle davon Ende Februar noch nicht mal etwas gewusst.
Und Erfahrungen im Umgang mit -vor Krieg geflohenen- Menschen oder mit -vor lauter Vorschriften und Bedenken- ausgebremsten Behörden hatten wir auch keine.
Das offizielle Ende kam rasch und ich habe danach nur noch im Hintergrund still und leise weiter Wohnraum vermittelt, erste finanzielle Hilfen für Winterkleidung, medizinische Versorgung von Menschen und mitgebrachten Tieren und weitere Hilfsgüter für (mir persönlich bekannte) Dolmetscher und Helfer geleistet. Ich habe nicht alle Gastfamilien kontaktiert, weil mir die Verwaltungen aus vermeintlichen Datenschutzgründen deren Namen nicht gegeben haben, aber einige habe ich erreicht und auch hier noch organisatorisch und finanziell geholfen, wenn Hilfe gebraucht oder gefordert war.
Am Ende haben wir für Diesel, Maut, Hilfsgüter, Medikamente, finanzielle Erstausstattung der Geflohenen und weitere vertrauenswürdige Hilfstransporte knapp über 22.000,00 Euro ausgegeben.
Einige Monate habe ich mich dann voll in die Arbeit meines Betriebes gestürzt, immer im Hinterkopf folgender Gedanke: „Ich habe sie geholt. Wenn der Krieg beendet ist, bringe ich sie zurück in die Heimat, so sie denn zurück können/möchten.
Dieser Gedanke war mehr ein stiller Wunsch, eine unbegründete Hoffnung, ein Beweis meiner Naivität? Und ein Grund mit dafür, warum ich mit dem Auflösen des Spendenkontos noch gewartet habe.
Viele Organisationen hätten Spendenquittungen ausstellen können.
Das konnte ich damals nicht und auch nicht in Aussicht stellen.
Und trotzdem haben damals 302 Menschen diese 33.613,00 Euro an mich überwiesen,
davon 2.100,- Euro in bar vom Kindergarten Füchtorf,
3 x 1.000 Euro,
12 x 500 Euro,
1 x 500 Euro von den Mitarbeitern der Freckenhorster Werkstätten und
über 140 Einzelspenden über 100 Euro.
Nun geht das Jahr 2022 zu Ende. Wir alle erleben täglich, wie die Lebensmittelkosten und Energiekosten steigen und jeder von uns nun auch einen finanziellen Anteil an den Auswirkungen des Krieges tragen muss.
In den letzten Monaten bin ich immer wieder angesprochen worden, ob ich die Restsumme von immerhin 12.415,00 Euro nicht „einfach“ dieser oder jener Organisation weiterleiten wollte. Das hätte dann zur Folge gehabt, dass viele Einzelne für ihre Spende an mich KEINE Spendenquittung bekommen haben, aber ich dann entsprechend eine Spendenquittung über 12.415 Euro bekommen hätte und steuerlich hätte absetzen können. Und das wiederum hätte „Geschmäckle“ gehabt, was ich unbedingt vermeiden wollte.
Hinzu kam, dass einige, die ihr Geld hierher bar gebracht haben, persönlich erklärten, dass sie ihr Geld nicht z.B. an „Caritas International“ spenden, weil davon zu viel Geld in deren Gesellschaft und zu wenig beim Bedürftigen ankäme.
Für mich stand also fest, dass ich das Geld entweder für die Fahrten zurück in die Heimat verwende, oder an die Spender anteilig zurück zahle.
Da uns zu den Barzahlern teilweise sogar Namen fehlen, bei vielen die Anschriften und bei allen die IBAN haben wir das Bargeld zu 100% zur Kostendeckung eingesetzt.
In der kommenden Woche erhalten alle Menschen, die ihr Geld an uns überwiesen haben, daher 41,71% ihres einst gespendeten Betrages als Überweisung wieder zurück.
Vielleicht können es einige angesichts der gestiegenen Kosten inzwischen selber „gut gebrauchen“?
Oder Sie haben es gedanklich abgeschrieben? Dann wäre mein Vorschlag, den Betrag gleich weiter zu spenden an die Ukraine-Hilfe Beckum, die
1) bis heute weiterhin hier im Kreis Warendorf aktiv ist und
2) inzwischen offizielle Spendenquittungen ausstellen kann.
Die IBAN lautet: DE52 4166 0124 0414 2583 00.
Der Kontoinhaber ist be Ukraine e.V.

Homepage: www.be-ukraine.de

Am Ende dieses Briefes möchte ich mich von ganzen Herzen bei allen Spenderinnen und Spendern für Ihre Spende und Ihr damit verbundenes Vertrauen bedanken.
Ich gebe Euch/Ihnen mein Ehrenwort, dass nicht ein Euro „veruntreut“ oder nicht an den Zweck „Hilfe für Ukrainer“-gebunden, ausgegeben wurde.
Meine Arbeit in den vier bis fünf Wochen wurde auch nachträglich natürlich in keiner Weise vergütet, den allergrößten Teil der Arbeitszeiten meiner Mitarbeiter im Büro hat meine Firma übernommen.
Darüber hinaus sind auch sie unentgeltlich an den Wochenenden hier gewesen. Das Büro hat angesichts hunderter Anrufe fast vier Wochen an sieben Tagen pro Woche Kopf gestanden und meine KollegInnen hier im Büro haben irgendwie das laufende Geschäft und die Schülerverkehre koordiniert, trotz dass sich hier alles eigentlich nur noch um die Ukrainer drehte. Es waren hunderte Anrufe, die uns in kurzer Zeit erreichten.
Sollte jemand Einblicke in die Belege der Ausgaben wünschen, so steht es jedem Spender zu, hier zu uns ins Büro zu kommen, um die Belege im Detail zu prüfen. Hierzu bitten wir vorab um eine Terminabsprache unter 02524 2032.
Mein wichtigster und größter Dank gilt jedoch allen, die sich meinem Vorhaben vorbehaltlos und selbstlos angeschlossen und sich dann mit vollem Engagement eingebracht haben.
Allen voran seien an dieser Stelle explizit noch einmal die Busfahrer erwähnt, die diese Fahrten mit ungewissem Ausgang und schwieriger Mission unter mental sehr fordernden Bedingungen ehrenamtlich und somit unbezahlt durchgeführt haben.
Das Buch „Ukraine-Hilfe aus dem Hause Kottenstedte“ wird mit diesem Brief und der Rückerstattung nun organisatorisch endgültig geschlossen.
Die Eindrücke aus dieser Zeit aber bleiben. Bei uns allen. Für immer.

Ich wünsche Ihnen und Euch, uns und vor allem den Menschen aus der Ukraine
Frieden.

Reisefinder
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